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Das Parsifal-Bewusstsein

Eine Reise ins Wunderland

Wenn wir nun abschließend jenes neue Paradigma betrachten, welches uns die neuen Erkenntnisse der Neurowissenschaftler und (Quanten)-Physiker offenbaren, so kommen wir nicht umhin zu erkennen, dass von dem tradierten Bild der soliden und beruhigenden Wirklichkeitserfahrung, dem also, was man den "Gesunden Menschenverstand" nennt, nicht mehr viel übrig bleibt. 

Alle bis dato über die Sinne als existent empfundene Realitätsbezüge (Raum, Zeit, Materie, Farben, Töne, Gerüche, Geschmack) stehen wissenschaftlich und erkenntnistheoretisch zur Disposition. Sie existieren hier nur noch in der subjektiven menschlichen Einbildungsfähigkeit des Wachbewusstseins. 

Realitäten manifestieren sich demnach im subjektven Einzelnen. Der Beobachter schafft sein eigenes Universum; womit sich diese Vorstellungen mit denen der Weisen, Zauberer und Schamanen aller Zeiten verbinden. 

Wissenschaftler wie Bohr, Blohm, Einstein, Schrödinger, Heisenberg und andere beschreiben uns nun ein Weltbild, wie es sich in den Offenbarungen aller Mystiker schon immer wiedergespiegelt hat. Das Bewusstsein als Disziplin entgleitet so der "unwissenschaftlichen" und "spekulativen" Mystik und Philosophie und wird zum Objekt naturwissenschaftlicher Betrachtung. 

Diese neuen Erkenntnisse bewirken eine "Zweite Kopernikanische Wende". Während in der ersten Wende der menschliche Geist durch Einsicht erkannte, dass die Erde nicht im Zentrum des Weltalls steht, sondern ein Planet eines Sonnensystems von unzähligen von Sonnensystemen ist, so dringt in der "Zweiten Kopernikanischen Wende" die unglaubliche Erkenntnis ins Bewusstsein des Menschen, dass die Welt, so wie er sie über seine Sinnesorgane glaubt zu erfahren, keine absolute (determinierte) Wirklichkeit darstellt, sondern sich durch die Zielgerichtetheit seiner kognitiven Tätigkeit lediglich als individuelle Erfahrungswirklichkeit in seiner Einbildung simuliert. 


Oder um ein Zitat von Vilem Flusser für unsere Betrachtung ein wenig zu modifizieren: "Menschliche Wirklichkeit ist demnach kein Strom von Ereignissen, in dem wir schwimmen und der uns mitreißt, sondern ein Fächer von Möglichkeiten, in den wir hineingreifen können, um Einzelheiten auszuwählen und auf unserem inneren Schirm gegenwärtig zu machen."

Menschliche Wirklichkeit ist demnach kein Drama, dem wir fassungslos gegenüberstehen, sondern ein Schauspiel, das wir selbst gestalten können; weil wir nämlich Drehbuchautor, Regisseur und Schauspieler gleichzeitig sind.

Ein grundlegender Fehler bei der Interpretation von Mythen, am Beispel unserer Gral-Parsifal-Geschichte, besteht demnach darin, sie nicht als Mysterien der menschlichen Psyche zu deuten, sondern als historische und "irdische" Ereignisse, über die z.B. ein Berichterstatter "vor Ort" hätte recherchieren können. 

Es muss wohl nicht groß betont werden, dass - nehmen wir die vorhin beschriebenen erkenntnistheoretischen und wissenschaftlichen Postulate einmal für einen Augenblick beim Wort - dies vor dem Hintergrund der besagten Theorien schwerlich möglich gewesen sein kann. Am Beispiel unseres Parsifal-Gralsmythos heißt das dann: Wenn das Raumempfinden subjektiv ist, wo ist dann der objektive Raum, in dem sich der Berichterstatter hätte einfinden können, um am (damaligen?) Grals-Geschehen teilzuhaben? Und wenn es keine Zeit gibt, sondern nur ein subjektives Zeitempfinden, dann gibt es auch keine objektiv historische Überlieferung (zum Gral), also das, was wir allgemein "Die Geschichte" (des Parsifal) nennen, würde nun zur ganz und gar individuellen, allgegenwärtigen, Sie ganz persönlich betreffenden, Geschichte. 

Menschliche Wirklichkeit entsteht, so sagen uns die alten und nun auch die neuen Weisen, die Wissenschaftler, durch zielgerichtete, kognitive Tätigkeit, und immer nur im Augenblick, im Jetzt. 

Wie ist es dann abschließend zu deuten, dass Sie sich gerade Jetzt und in diesem Augenblick mit dem Parsifal-Grals-Mythos befassen?


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